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Nachhaltigkeit

Wie gelingt die Zukunft?

© Fotos: Werner Lampert GmbH

1987 erschien der Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen unter dem Titel „Unsere gemeinsame Zukunft“ zur nachhaltigen Entwicklung. „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“

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Werner Lampert

Bio-Pionier, Autor

Mit diesem Apell ging die Hoffnung einher, erwachsene Menschen handelten verantwortungsvoll, wenn es um die Zukunft ihrer Kinder und Kindeskinder ginge. Eine zugegebenermaßen romantische Vorstellung. Die Zukunft sah man nur durch stetig wachsenden Wohlstand gesichert. Und die Grundlage des Wohlstands war und ist noch immer im Bewusstsein der meisten Menschen, das unaufhörliche Wachstum der Wirtschaft. Ein Wachstum, das auf Ressourcenverbrauch und katastrophalen Umweltauswirkungen basiert. Bald werden 10 Milliarden Menschen auf unserem Planeten leben. Wie halten wir die ökologischen Grenzen unseres Planeten ein und versuchen gleichzeitig die Grundbedürfnisse der 10 Milliarden Menschen zu befriedigen? Das wird zu den größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte gehören.

Hans Jonas sprach 1979 vom Prinzip der Verantwortung, das heute vor allem dafür verwendet werden muss, zu bremsen, zu schützen, zu bewahren und so eine Entwicklung zu verhindern, die zum Untergang der Menschheit führt.

Von Anbeginn an richtet sich die biologische Landwirtschaft nach diesen Kriterien, so werden nach der „guten landwirtschaftlichen Praxis“ Kulturen nicht mit Kunstdünger getrieben, Obst und Gemüse wird Zeit gegeben, um zu reifen, Kühe werden nicht mit hohen Proteingaben zu Höchstleistungen gezwungen. Biologische Lebensmittelproduktion heißt immer und überall nicht gegen die Natur, sondern mit der Natur zu arbeiten. Nie geht es um einen momentanen Vorteil, immer steht das Generationen-Miteinbedenkende in der Mitte des Tuns. Und bewahrt wird standortbezogenes Wissen, das an folgende Generationen weitergegeben wird. Ein Wissen, das der Schatz der kleinen, familienbezogenen Landwirtschaft ist und das ihnen eine Zukunft offenhält.

Wir in Österreich sind in einer privilegierten Situation. Jeder 5. landwirtschaftliche Betrieb ist Bio. Jeder 4. Hektar landwirtschaftlicher Grund wird biologisch bearbeitet. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, auf 75 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche werden chemisch-synthetische Spritzmittel und Dünger eingesetzt. Und das geht uns alle an.

© Foto: Ramona Waldner

Wir sind alle die Leidtragenden!

40 Prozent der Insekten sind akut vom Aussterben bedroht. Jede Art von Nützlingen, also Schmetterlinge, Libellen, Hautflügler wie Bienen, aber auch Käfer sind besonders gefährdet. 35 Prozent der Nutzpflanzen sind auf Bestäubung durch Insekten angewiesen. Gerade die zuvor angeführten, bedrohten Nützlinge verrichten die Bestäubung. Mit ihnen verschwinden auch die insektenfressenden Vögel.

Global gesehen stehen 50–90 Prozent der Arten vor dem Auslöschen. Die Ursachen sind klar zu benennen: der Verlust der Diversifizierung in der Landwirtschaft, zu große Flächen mit viel zu wenig Fruchtwechsel. Die Zerstörung von Hecken und Bäumen, Bachsäumen, Steinhaufen, aller großartigen Lebensräume von Nützlingen – Insekten, Vögel und Kleintiere. Der Verlust an Nützlingen macht einen immer intensiveren Einsatz von Pestiziden wie Neonicotinoiden nötig.

35 Prozent der Böden in der europäischen Landwirtschaft zeigen grobe Verdichtungen und ein stark gestörtes Bodenleben. Das muss durch energieintensiven Industriedünger kompensiert werden. Ein Kreislauf, aus dem es scheinbar kein Entkommen mehr gibt. Am Ende wird der Verlust der Bodenfruchtbarkeit – ohne fruchtbare Böden gibt es kein Leben auf der Erde – und der Biodiversität stehen.

Heute ist die Landwirtschaft der größte Artenzerstörer, der größte CO2-Emittent, mit den Landnutzungsänderungen sind es um die 34 Prozent der weltweiten CO2-Emmissionen. Für die Lebensmittelproduktion vernichten wir systematisch die Umwelt und schmälern die Überlebenschancen künftiger Generationen. Trotz aller Aufwände, aller Chemie, aller Innovationen, wird die konventionelle Landwirtschaft künftige Generationen nicht mehr ernähren können.

Die Zerstörung unserer Lebensgrundlage, der unglaubliche Energieaufwand für die Produktion von Lebensmitteln – nur ein Drittel von der aufgewendeten Energie kommt als Lebensmittel zurück – wird das konventionelle System kollabieren lassen.

Die biologische Landwirtschaft ist keine heile Welt, aber sie ist auf dem richtigen Weg.

Sie erzeugt Lebensmittel ohne Industriedünger, ohne chemisch-synthetische Hilfsmittel. Sie achtet und fördert die Vielfalt von Pflanzen und Tieren. Sie arbeitet ständig am Erhalt der Bodenfruchtbarkeit durch den Aufbau von Humus, durch vernünftige Fruchtfolge. Und der Verzicht von Massentierhaltung schafft ein produktives, respektvolles Verhältnis von Mensch und Tier.

© Foto: Werner Lampert GmbH

Dem Biolandbau wird immer wieder vorgehalten, die Erträge seien zu gering. Sicher ist, der Biolandbau muss an der Effektivität arbeiten. Versuche, die seit Jahrzehnten in der Schweiz laufen, zeigen, dass der gut geführte Biobetrieb an die 80 Prozent der konventionellen Erträge erbringen kann. Nichtdestotrotz müssen wir weiterhin am Output arbeiten. Nur so werden wir die Weltbevölkerung ernähren können. Im Übrigen brachte der Weltagrarbericht klar zum Ausdruck, nur eine kleinstrukturierte, nachhaltige Landwirtschaft kann die Weltbevölkerung ernähren. Die industrielle Landwirtschaft ist viel zu energieineffizient.

Und abgesehen von der Landwirtschaft sollten wir Erdbewohner uns an eine suffiziente Lebensführung gewöhnen. Mäßigung wird zukünftig die Zierde der Menschen sein. Denken wir an die ungeheuren Massen von Lebensmitteln, die wir kaufen, aber unverwendet wegschmeißen. Oder denken sie an die Fleischmassen, 106 kg Schlachtgewicht kommt auf jeden Österreicher im Jahr. Da tut Mäßigung gut, gut für die eigene Gesundheit, gut für die Umwelt, gut für die armen Kreaturen in der Massentierhaltung.

Unser Ziel ist, ein gutes Leben zu haben.

Dies werden wir nur in Harmonie mit der Natur und in Solidarität mit anderen Menschen erreichen. Eine Lebensmittelproduktion, die unseren Lebensraum verwüstet, gibt uns keine Zukunft mehr.

Lassen Sie uns einen Weg einschlagen, auf dem ein gutes Leben und persönliches Glück entkoppelt sind vom Wirtschaftswachstum auf Kosten der Ressourcenzerstörung. Setzen wir uns für das Leben ein, für die Vielfalt, für die Schönheit, für die Vielgestaltigkeit. Vielleicht zeigt uns die Gemeinwohl-Ökonomie einen Weg oder vielleicht öffnet uns das Bhutan-Modell des Bruttonationalglücks eine Tür in die gelingende Zukunft. Mit der biologischen Landwirtschaft stehen wir bereits auf einem guten Boden, um das Nächste zu wagen.

www.nachhaltigkeitneudenken.org


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