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Trendfarbe “grün”?

Hugging trees because they do so much for us
Hugging trees because they do so much for us
iStock/gidl

„Grüne Produkte“, „Ökos“ und „Nachhaltigkeit“ – wie viele Menschen verbinden diese Dinge mit Freude, Spaß und Lust am Leben? Eher weniger, fürchte ich. Zeit zum Entstauben!

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Fred Luks

Nachhaltigkeitsexperte, Redner und Publizist © Foto: Nick Albert

Nun ist die Forderung, nachhaltige Themen müssten endlich sexy werden, fast so alt wie die Nachhaltigkeitsdebatte selbst. Aktuell bleibt sie trotzdem. Nur wenn Nachhaltigkeit auch mit Coolness, Erfolg und einem guten Leben assoziiert wird, kann dieses Leitbild wirklich wirksam werden und unser Verhalten beeinflussen. In Bereichen wie Ernährung und Mode gibt es immerhin schon Ansätze dazu.

Eine Frage der Gesellschaft

Das reicht aber nicht. Ob Mobilitäts- oder Vermögensfragen, ob Smart City oder Lebensstil: All diese Dinge betreffen uns als Individuen. Aber Nachhaltigkeit voranzubringen, erfordert mehr als Handlungen von Einzelpersonen. Beispiele gefällig? Lebensstil: Super, wenn man das Leben nachhaltig gestalten will – wichtig ist aber auch ein Umfeld, in dem das möglich ist. Mobilität: Toll, wenn man auf E-Mobilität setzt – nicht so toll, wenn der Strom für den coolen Tesla aus dem Kohlekraftwerk kommt. Geld: Eine gute Idee, nachhaltig zu veranlagen – aber es braucht auch zuverlässige Informationen darüber, wie das geht. Urbanes Leben: Schön, wenn man es sich „smart“ und „grün“ einrichten will – möglich ist das jedoch nur bei entsprechenden Infrastrukturen.

Eine Frage der Haltung

All das zeigt: Privates Handeln ist stets in gesellschaftliche Verhältnisse eingebettet. Was wir essen (können), wie wir wohnen (können), wie wir uns fortbewegen (können) – diese und andere wichtige Dinge hängen nicht nur von Einzelpersonen ab, sondern auch von Rahmenbedingungen. Und die werden wesentlich von der Politik geprägt. Eine „Privatisierung“ der Verantwortung darf es hier nicht geben. Nachhaltigkeit fordert uns als KonsumentInnen, mehr aber noch als BürgerInnen, die ihre Stimme erheben können.

Da ist es nachgerade absurd, wenn Jugendliche, die sich um das globale Klima sorgen, allen Ernstes nach der ökologischen Korrektheit ihres Verhaltens gefragt werden. Wer das fragt, verfehlt vollständig den Punkt der Initiative: Die SchülerInnen fordern ja nicht, dass Sie endlich vegetarisch essen und ich mit dem Fliegen aufhören soll.

Eine Frage der Politik

Nein: „Fridays for Future“ will, dass die Politik ihrer Verantwortung gerecht wird. Kein Wunder also, dass viele nachhaltig verwundert waren, als Angela Merkel (seit über 13 Jahren deutsche Bundeskanzlerin) die Schulstreiks mit Lob bedachte. Es ist vielleicht historisch einmalig, dass die Adressaten von Protesten sich lobend über Proteste äußern …

Man muss Jugendliche auf politischen Demos nicht toll finden, um den Punkt der Aktion zu sehen: Dass eine gute Zukunft nur möglich ist, wenn Nachhaltigkeit und Klimaschutz gelingen. Das geht nur, wenn sich unser Lebensstil auf Feldern wie Energie und Mobilität grundlegend ändert. Nachhaltig wird das nur der Fall sein, wenn wir das Thema mit Neugier und Leidenschaft zu unserer Sache machen – und damit auch Einfluss auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unseres Lebens nehmen.


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